© Pfarrer Michael Nitzke

Gedicht zur 1063. Berliner Bibelwoche 2002

Diskutiert haben wir hier ganz wild,
die alte Frage nach Gottes Bild.
Im schönen Brandenburger Domkonvikt,
näherten wir uns dem Religionskonflikt.
Welcher Prophet hat wirklich recht,
und welche Religion ist echt?

Zunächst fing es ganz langsam an,
mit Thora, Bibel und Koran.
Heilige Bücher, das ist klar,
doch welches ist nun wirklich wahr?

Doch bevor die Diskussion macht krank,
verschieben wir sie auf die lange Bank.
Darin wir uns alle einig sind:
glauben tun wir, was wir hörn als Kind.
Sind wir auch heute recht flexibel,
wir glauben dennoch nur der Bibel.

Einer ist gut, Mensch ja der kann es,
das ist der biblische Johannes:
„Niemand hat Gott je gesehen!“
Doch er lässt das nicht so stehen.
Gott ist die Liebe, das ist klar. [1]
Doch etwas, da noch vorher war.

Der Sohn, gebor’n vor aller Zeit,
der war sogar dazu bereit,
sein Leben für uns her zu geben,
so ein Mitmensch ist das eben.
Für uns ging er willig aufs Schaffot,
dass kann er nur als wahrer Gott.

Er ist ja nicht nur ein Mensch bloß,
sondern ruht in des Vaters Schoß.
Auf wundersame Weise,
sagt er zu uns ganz leise,
wie Gott wohl ist, in Bildern,
wie sollte er ihn sonst auch schildern.

Nur Jesus kann Gott ganz beschreiben,
Weil Gott in ihm tut ewig bleiben.
Der Verstand kann das wirklich nicht begründen,
doch Jesus Christus tut es uns verkünden. [2]

In ihm kriegt Gottes Wort ein recht Gesicht,
und sein freundlich’ Blick, rettet im Gericht.
In Jesus teilt Gott mit uns das Leiden,
statt uns unsre Sünden anzukreiden.

Darüber bin ich von Herzen froh,
auf der andren Seite ebenso,
muss ich die auch ernsthaft lieben,
die im alten Glauben sind verblieben.

Apostel Paulus hat es uns gelehrt,
im Römerbrief, der hoch allseits geehrt,
weil er Israel darin recht beschreibt,
wie die Erwählung Judas ewig bleibt. [3]

Denn wenn wir zu hoch die Nase tragen,
wird der Herrgott uns dereinst noch fragen,
ob wir Christen selbst denn richtig glauben,
oder andren ihre Hoffnung rauben.

Juden erkennen wir also an,
doch was fangen wir mit Muslimen an?
Jesus ist nur noch ein Prophet?
Ob das denn mal so einfach geht?

Doch Mohammed hat was geschafft,
wozu einem Christen fehlt die Kraft:
Dreißig Männer fallen auf die Knie,
sieht man bei uns selten oder nie.

Alltags zeigen die Religion,
ist ja unerhört fast schon.
Doch das schafft der Muselmann,
von dem ich da was lernen kann.

Doch seine Regeln klingen streng,
ich jedoch, mag es nicht so eng.
Darum ich mich wieder fand,
als stinknormaler Protestant.

Der Glaube ist private Sache,
es kommt drauf an, was ich draus mache.
Damit niemand sich vor mir erschreckt,
bezeug ich jedermann Respekt.

Mose, Jesus, Mohammed,
sie sind ja alle drei ganz nett.
Doch was ist mit Buddah, Zarathustra,
und die heil’ge Kuh ist auch noch da?
Und was ist mit dem der gar nichts glaubt,
und nur noch auf den Fußball schaut?

Hoffen wir doch mal ganz feste,
dass Gott tut das Allerbeste.
Er zeigt sich uns auf manche Weise,
und hilft uns auf der Lebensreise,
und Hilfe brauchen wir ganz viel,
ihn zu erreichen als unser Ziel.
 

                                    Donnerstag, 4. Juli 2002


[1] 1.Joh 4,12 Niemand hat Gott jemals gesehen. Wenn wir uns untereinander lieben, so bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollkommen.

[2] Joh 1,18 Niemand hat Gott je gesehen; der Eingeborene, der Gott ist und in des Vaters Schoß ist, der hat ihn uns verkündigt.

[3] Röm 11,17-18 Warnung an die Heidenchristen vor Überheblichkeit  Wenn aber nun einige von den Zweigen ausgebrochen wurden und du, der du ein wilder Ölzweig warst, in den Ölbaum eingepfropft worden bist und teilbekommen hast an der Wurzel und dem Saft des Ölbaums, so rühme dich nicht gegenüber den Zweigen. Rühmst du dich aber, so sollst du wissen, dass nicht du die Wurzel trägst, sondern die Wurzel trägt dich.

 

© Pfarrer Michael Nitzke